Deutsche Möbelindustrie zieht Zwischenbilanz und passt Umsatzprognose an

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VDM/ITTO/Fordaq
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Die negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die deutsche Möbelindustrie scheinen weniger verheerend, als noch im Juli erwartet. Für das Gesamtjahr rechnet der Branchenverband VDM nach aktuellem Stand mit einem Umsatzminus von 5% - statt 10%. Nach einem drastischen Einbruch infolge des Lockdowns konnte der Negativtrend mit Beginn des Monats Juni gestoppt werden. Wie verbandsinterne Umfragen zeigen, sind die Unternehmen nach dem Ende des Lockdowns von Monat zu Monat zuversichtlicher geworden. In der jüngsten, gerade abgeschlossenen Umfrage rechnen inzwischen 42% damit, ohne Umsatzeinbußen durch das Jahr zu kommen. Die Auftragseingänge in der deutschen Wohnmöbelindustrie stiegen zudem in den ersten sieben Monaten um 4,5% und in der Küchenmöbelindustrie um 4,8%. Die Vorzeichen für die weitere Entwicklung der Branche im 2. Halbjahr bewertet der VDM als stabil. Insbesondere die Möbelnachfrage im Inland zeigt sich robust. Sowohl die neue Lust am Einrichten als auch die Mehrwertsteuer-Senkung und die Belebung im Online-Handel tragen hierzu bei.

Die für Sommermonate untypisch hohe Nachfrage stellt die Branche aber vor ganz andere Herausforderungen, was die Planung von Kapazitäten betrifft. Zudem muss sich die Möbelindustrie in den kommenden Monaten auf ein uneinheitliches und schnell wechselndes Niveau der Orders einstellen. Zum Jahresende hin dürfte darüber hinaus die Mehrwertsteuersenkung für Vorzieheffekte beim Möbelkauf sorgen.

Umsatzentwicklung

Die zu Jahresbeginn noch robuste Möbelkonjunktur in Deutschland zeigte sich von den ersten Lockdown-Maßnahmen und ins Stocken geratenen Lieferungen zunächst wenig beindruckt – der Umsatzrückgang im 1. Quartal 2020 betrug im Vergleich zum Vorjahresquartal lediglich 2,6%. Spätestens mit dem Ausbruch des Corona-Virus in Deutschland und der daraufhin verordneten Schließung des Möbeleinzelhandels wirkte sich die Pandemie jedoch auch unmittelbar auf die Möbelkonjunktur aus. Die Umsätze der Möbelhersteller brachen aufgrund des fehlenden Auftragseingangs im April um 28,7% und im Mai um 23,3% ein. Nach der Wiedereröffnung der Möbelhäuser ging es überraschend schnell wieder aufwärts: Im Juni lagen die Umsätze der Möbelhersteller bereits um 2,2% über dem Wert des Vorjahrs. Die positive Entwicklung im Juni konnte den dramatischen Umsatzeinbruch im April und Mai allerdings nicht kompensieren – der Umsatzrückgang im 2. Quartal 2020 betrug im Vergleich zum Vorjahresquartal 17,2%. In der Summe der ersten sechs Monate betrugen die Umsätze der Branche rund 8,1 Mrd. € – ein Minus von 9,8% gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Alle Segmente der deutschen Möbelindustrie entwickelten sich von Januar bis Juni 2020 nach Angaben der amtlichen Statistik negativ. Dennoch zeigten sich erhebliche Differenzen zwischen den einzelnen Segmenten. Die Küchenmöbelhersteller verzeichneten einen leichten Umsatzrückgang um 2,3% auf rund 2,5 Mrd. € und entwickelten sich damit wesentlich besser als andere Segmente. Die Büromöbelindustrie wies mit einem Umsatz von rund 983 Mio. € ein deutlich negativeres Ergebnis aus (-10,9%). Die Hersteller von Laden- und sonstigen Objektmöbeln lagen um 10% unter dem Vorjahreswert und erzielten einen Umsatz von rund 831 Mio. €.

Exportgeschäft

Die negativen Auswirkungen der Corona-Krise waren auch im Auslandsgeschäft deutlich zu spüren. Der Auslandsumsatz der deutschen Möbelindustrie sank im 1. Halbjahr um 13,2% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Dagegen ging der Inlandsumsatz lediglich um 8,2% zurück. Das Exportgeschäft litt unter dem Nachfragerückgang infolge der Lockdown-Maßnahmen in verschiedenen Ländern, den internationalen Reiseeinschränkungen, den negativen Auswirkungen des Brexits und dem Handelskonflikt zwischen den USA und China.

Die deutschen Möbelexporte sanken im 1. Halbjahr 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 11,9% auf 3,3 Mrd. €. In den meisten Ländern ging der Absatz vor dem Hintergrund der negativen Auswirkungen der Corona-Krise deutlich zurück, wenngleich es auch hier wichtige Ausnahmen gab. Besonders erfreulich ist die Steigerung der Ausfuhren die Schweiz als mittlerweile wichtigsten Exportmarkt der deutschen Möbelindustrie mit einem Plus von 4,6%, teilt der VDM mit. Frankreich als jahrelange erste Zielregion für deutsche Möbel belegt aktuell Platz zwei im Ranking der wichtigsten Exportmärkte mit einem signifikanten Minus von 18,2%, gefolgt von Österreich mit minus 15,9% und den Niederlanden mit minus 5,2%. In fast allen anderen europäischen Exportmärkten wurden deutliche Rückgänge verzeichnet. Eine Ausnahme bildete der finnische Markt mit plus 4,8%.

Brexit-Auswirkungen durch Virus verstärkt

Die negativen Auswirkungen des Ende Januar 2020 erfolgten Brexits bekam die Möbelindustrie bereits in den vergangenen Jahren deutlich zu spüren. Allein zwischen den Jahren 2016 und 2019 reduzierten sich die deutschen Möbelausfuhren nach Großbritannien um rund 11%. Diese negative Tendenz wurde durch die Auswirkungen der Pandemie auf die britische Wirtschaft zusätzlich verstärkt. In der Folge brach der Absatz deutscher Möbel im Vereinigten Königreich von Januar bis Juni 2020 im Vorjahresvergleich um 19,4% ein. Eine fundamentale Besserung der Lage sei angesichts des nach wie vor fehlenden politischen Konsenses über die zukünftige Ausgestaltung der Handelsbeziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich nicht in Sicht.

Extra-europäischer Außenhandel

Die außereuropäischen Exportmärkte entwickelten sich im bisherigen Jahresverlauf uneinheitlich. Besonders erfreulich ist aus Branchensicht, dass der weltweit größte chinesische Möbelmarkt nach der Überwindung der Folgen der Corona-Krise sehr schnell zu seiner alten Stärke zurückfindet – die deutschen Möbelexporte nach China kletterten im 1. Halbjahr 2020 um 1,9%. Der gute Verlauf der ersten chinesischen Möbel- und Zuliefermessen Ende Juli in Guangzhou stellte diese positive Marktdynamik noch einmal deutlich unter Beweis. Während der Rückgang in Russland mit minus 9,4% verhalten ausfiel, wurde der US-amerikanische Möbelmarkt angesichts der hohen Infektionszahlen und der dramatischen Auswirkungen der Pandemie auf die US-Wirtschaft noch stärker in Mitleidenschaft gezogen. Die deutschen Möbelexporte in die USA gingen um 10,3% zurück.

Die Industrieexportquote lag im 1. Halbjahr 2020 infolge des überdurchschnittlichen Rückgangs der Exporte bei 31,2% und damit deutlich unter dem Niveau des Vorjahreszeitraums (32,4%). Der VDM geht allerdings davon aus, dass die meisten Exportmärkte sich nach der Überwindung der Folgen der Pandemie relativ schnell erholen und die Exportquote bereits im kommenden Jahr wieder das Niveau des Jahres 2019 erreichen dürfte.

Blick auf die Holzmöbelproduktion in Europa

Wie Eurostat-Daten zeigen, nahm der Wert der Holzmöbelproduktion in der EU27 + UK bereits im Jahr 2019 um 1,4% auf 42,5 Mrd. € ab. Rückblickend sieht es laut ITTO so aus, als ob die Erholung der EU-Holzmöbelproduktion nach der Wirtschaftskrise von 2008 bereits 2017 ihren Höhepunkt erreicht hatte, da 2019 das zweite Jahr in Folge rückläufig war und die COVID-19-Pandemie die Marktaussichten im Jahr 2020 verschlechtert.

Im vergangenen Jahr gab es in Italien einen starken Rückgang der Holzmöbelproduktion (-8% auf 9,1 Mrd. €) sowie in Deutschland (-3% auf 7,2 Mrd. €), Frankreich (-2% auf 2,1 Mrd. €), Rumänien (-3% bis 1,8 Mrd. €) und Schweden (-1% bis 1,0 Mrd. €) einen moderateren Rückgang. Diese Rückgänge wurden nur teilweise durch steigende Produktion in Polen (+1% auf 6,7 Mrd. €), Großbritannien (+5% auf 3,4 Mrd. €), Spanien (+4% auf 2,5 Mrd. €), Dänemark (+2% bis 0,8 Mrd. €), die Niederlande (+1% bis 0,7 Mrd. €) und Litauen (+10% auf 1,7 Mrd. €) ausgeglichen. Die Produktion in Portugal war im Jahresverlauf mit 1,1 Mrd. € stabil.

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